Wozu werden Pferdeverhaltenstherapeuten benötigt?
Die einfache Antwort ist, zu allen Themen rund ums Pferd.
Das Aufgabengebiet eines Pferdeverhaltenstherapeuten ist breit gefächert. Angefangen bei Beratung in Bezug auf Fütterung, Haltung, Wesensbeurteilung und Kaufberatung, über die Grunderziehung eines Fohlens und der Grundausbildung eines Jungpferdes, Einreiten von Pferden, Korrektur von bereits gerittenen Pferden, bis hin zur Therapie von Verhaltensauffälligkeiten. Diese können in den Bereichen Umgang und auch Reiten auftreten. Ein Pferd, welches sich nicht sicher Führen lässt, welches beim Reiten durchgeht, steigt oder buckelt, sind Sicherheitsrisiken für den Menschen. Ein Pferd, das sich im Notfall nicht in den Pferdeanhänger verladen lässt, kann lebensgefährlich für sich selbst werden.
Sind körperliche Ursachen für ein Verhalten ausgeschlossen, liegt in der Regel ein Kommunikatiosproblem zwischen Mensch und Pferd vor. Hier schaut der Therapeut sich den Umgang miteinander an, betreibt Ursachenforschung und erarbeitet mit dem Pferdebesitzer einen Plan zur weiterführenden Therapie. Wichtig ist, der Pferdebesitzer muss aktiv mitarbeiten, um eine Verhaltensänderung überhaupt erreichen zu können. Wer glaubt, der Verhaltenstherapeut wird das Pferd schon wieder "hinbekommen" und der Mensch selbst muss nicht an sich arbeiten, wird kaum Verbesserungen erzielen können.
Pferde kommunizieren hauptsächlich mit Körpersprache und ihrem Ausdrucksverhalten. Wir Menschen sind uns unserer Körperprache oftmals nicht bewußt, obwohl wir ganz viel mit unserem Körper aussenden. Dies empfangen auch die Pferde. Wenn sich der Mensch seiner Körpersprache nicht bewußt ist und nicht versteht, warum das Miteinander mit seinem Pferd nicht so wirklich funktioniert, ist es Zeit für einen Pferdepsychologen.
Er erklärt warum ein Pferd ein bestimmtest Verhalten zeigt, angelehnt an die Ehtologie des Pferdes, wie der Mensch sich dem Pferd besser mitteilen kann und welche undeutlichen Signale der Mensch unbewußt sendet.
Die Arbeit eines Pferdepsychologen beinhaltet also das Wissen um das natürliche Verhalten des Pferdes, um die Grundbedürfnisse, das Lernverhalten des Pferdes, Haltung-Fütterung-Gesundheit, ebenso wie das Wissen um das Verhalten und Lernen des Menschen.
Die Pferdeverhaltenstherapie beginnt schon lange VOR einem auffälligen Verhalten eines Pferdes, nämlich bei der pferdegerechten, individuellen Ausbildung nach den neuesten Erkenntnissen der Verhaltensforschung, und bei der Optimierung der pferdegerechten Haltung und Fütterung. Es liegt nicht nur am Pferd, sondern auch an dessen Umfeld, wie sich sein Verhalten entwickelt.
Besteht bereits ein unerwünschtes Verhalten, eine Verhaltensauffälligkeit oder gar eine Verhaltensstörung, beginnt die Arbeit eines Pferdeverhaltenstherapeuten zunächst bei der Beobachtung der Umgebung des Pferdes und dessen Verhalten, aufgrund der Erkenntnisse der Ethologie. Bei keinem anderen Haustier ist eine Verhaltensauffälligkeit- oder Störung so eng mit der Haltung und Fütterung verknüpft, wie beim Pferd.
Verhaltensauffälligkeiten und Verhaltensstörungen
Egal welches Verhalten ein Pferd zeigt, es tut dies NICHT, um den Menschen zu ärgern, ihm eins auszuwischen oder aus sonst einer berechnenden Motivation heraus. Ein Pferd handelt IMMER instinktiv, es versucht, seinen momentanen Zustand zu optimieren. Diese Reaktion ist genetisch fixiert.
Pferde haben 4 Möglichkeiten, auf eine "Gefahr" zu reagieren
1. Flucht: Als Fluchttier versucht ein Pferd der Gefahr zu entkommen.
2. Angriff/Kampf: Wenn einem Pferd die Möglichkeit zur Flucht genommen wird, kann ein Pferd sich für den Angriff entscheiden. Beispiel: bei einem Join up läuft das Pferd Runde um Runde, gewinnt aber keine Distanz zur "Gefahr". Charakterstarke und selbstbewußte Pferde können in so einer Situation zum Angriff übergehen, wenn z.B. Flucht kein Ausweg ist.
3. Erstarren: Pferde können auch mit Erstarren reagiern. Oftmals sind das Pferde, die in einer erlernten Hilflosigkeit sind. Diese tritt durch Reizüberflutung (Flooding) bei z.B. Imprint Training ein. Bei einer Reizüberflutung wird das Pferd so lange dem angstauslösenden Reiz ausgesetzt, bis der Körper nicht mehr reagieren kann. Diese Pferde haben Todesangst. So ist Lernen NICHT möglich.
4. Soziale Kommunikation: bedeutet, das Anschnuppern, Anbeißen oder Anlecken des gefährlichen Gegenstandes
Verhaltensauffälligkeiten oder unerwünschtes Verhalten, bestehen aus dem natürlichen Verhaltensrepertoire eines Pferdes, ist aber vom Menschen nicht gewünscht.
Beispiele:
a) aus dem Bereich Umgang und Haltung
- nicht einfangen lassen
- nicht anbinden lassen
- nicht führen lassen
- nicht putzen lassen
- nicht beschlagen lassen
- nicht verladen lassen
- nicht verträglich sein mit Artgenossen, anderen Tieren, Menschen
- Deckenbeißen
- Barrenwetzen
- Futterverunreinigungen und Futterstreuen
- Scharren
b) aus dem Bereich Nutzung
- nicht still stehen, Unruhe
- Durchgehen
- Scheuen
- Kleben
- Bocken, Buckeln
- Steigen
- Sattelzwang
- Gurtzwang
- Schweifschlagen
- Zungenschlecken
- Kopfschlagen
- Kopfscheue
- Lippenschlagen
- Zähneknirschen
- Zackeln, unruhige hektische Schrittfolge
- Abstreifen des Reiters
Verhaltensstörung
Als eine Verhaltensstörung bezeichtnet man ein Verhalten, welches in den Punkten Modalität, Intensität und Frequenz erheblich und andauernd vom Normalverhalten eines Pferdes abweicht. Diese Verhaltensstörungen können verschiedene Ursachen haben:
- eine normale vorübergehende Entwicklungsphase des Pferdes
- hirnorganische Erkrankungen (Grunderkrankungen)
- traumatische Erlebnisse ( Misshandlung, Verlust, Stallwechsel, usw.)
- fehlerhafte Erziehung (nicht angepaßte Trainingsmethoden)
- soziale Verwahrlosung durch z.B. Isolationshaltung
Stella in die Plane gewickelt :-) Verladen im Trab und auf Distanz - meine VA Stute Nevenja